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Ergebnisse des “Regional-Workshops”
Mit dem am
27. Juli 2001 verabschiedeten „Artikelgesetz zur Umsetzung der
UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie sowie weiterer
EU-Richtlinien zum Umweltschutz" erfuhren neben zahlreichen
anderen Gesetzen das UVPG und das BauGB umfangreiche Änderungen. Die
aus der neuen Rechtslage resultierenden Chancen und Aufgabenfelder
der zukünftigen Praxis, insbesondere von UVP-Verfahren in der
Bauleitplanung, standen im Fokus eines Workshops am
13. September 2001 in Berlin, zu dem die Technische Universität
Berlin, der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA) Berlin -
Brandenburg und die UVP-Gesellschaft Brandenburg & Berlin e.V.
eingeladen hatten.
Die Aktualität des Themas
verdeutlichte sich nicht zuletzt durch die rege Beteiligung an der
Veranstaltung. So konnten Prof. Dr. Johann Köppel (als Vertreter
für die TU Berlin und die UVP-Gesellschaft) und Martin Janotta (als
Vertreter für den BDLA) rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer,
darunter Vertreter der Verwaltung, der Planungsbüros und der
Wissenschaft aus verschiedenen Regionen Deutschlands begrüßen.
Das Thema der Veranstaltung wurde zunächst in vier
Kurzvorträgen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. In seinem
Einführungsreferat informierte Prof. Dr. Bunge vom Umweltbundesamt
über Hintergrund und Inhalte der neu geschaffenen Rechtslage. Dabei
hob er den erheblich erweiterten Anwendungsbereich der UVP hervor und
ging vor allem auf die zukünftig verstärkte Anwendung in der
Bauleitplanung ein. Frau Specovius berichtete danach über
ausgewählte Ergebnisse eines vom Difu und der Forschungsgruppe Stadt
+ Dorf durchgeführten Planspiels, bei dem begleitend zum
Gesetzgebungsverfahren die neuen bauplanungsrechtlich relevanten
Vorschriften einem Praxistest unterzogen wurden. Anschließend
referierte Frau Thierfelder von der Berliner Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung (SenStadt) über die berlinspezifische Relevanz der
neuen rechtlichen Regelungen sowie über die neuen Anforderungen an
die Berliner Verwaltung. Anhand einzelner Beispiele erläuterten Herr
Dr. Surburg und Herr Dr. Zilling vom Planungsbüro BPI-Consult im
letzten Vortrag die Veränderungen hinsichtlich der
Prüfpflichtigkeit und der planerischen Anforderungen bei konkreten
Vorhaben. Weiterhin gingen sie auf Methoden und Überlegungen zu den
Beurteilungskriterien des Screenings (der Anlage 2 des neuen UVPG)
ein.
Schon im Rahmen der Vorträge wurde das
unterschiedliche Verständnis von Begrifflichkeiten und Definitionen
offenkundig. Sowohl seitens der Referenten als auch der übrigen
Teilnehmer wurden zahlreiche Fragen und Probleme bezüglich der
Umsetzung und Interpretation der rechtlichen Anforderungen
aufgeworfen. Diese wurden im zweiten Teil der Veranstaltung in zwei
Workshops mit den Themen „Neue Anforderungen der UVP im Rahmen der
Bauleitplanung" sowie „Kriterien zur Feststellung der
UVP-Pflicht" diskutiert.
In der von Dr. Peters (TU
Berlin) geleiteten Workshopgruppe zur UVP in der Bauleitplanung wurde
neben den Inhalten des für den Bebauungsplan erforderlichen neuen
Umweltberichts sowie der Integration der UVP in das
Bebauungsplanverfahren zunächst deren Anwendungsbereich erörtert.
Die Zahl der auf ihre Umweltverträglichkeit hin zu prüfenden
Vorhabensarten hat sich durch die Neuregelung vergrößert.
Gleichzeitig beschränkt sich die zwingende UVP-Pflicht bei
bauplanungsrechtlichen Vorhaben nur noch auf den Außenbereich, was
in einigen Beiträgen als Rückschritt gewertet wurde.
Die
Begriffe für die in Anlage 1 Nr. 18 UVPG aufgeführten Vorhaben
sind zum Teil neu und bedürfen vielfach der Klärung. Dies gilt
insbesondere für die Kategorien „Städtebauprojekte" und
„Industriezonen", die im Wortlaut direkt aus der EU-Richtlinie
übernommen worden sind. Dabei erschien den Teilnehmern die
Interpretation des neuen Begriffs „Industriezone" durch den aus
der Baunutzungsverordnung bekannten Begriff „Industriegebiet"
am sinnvollsten. Inhaltlich schwieriger zu definieren ist jedoch der
sehr weite Begriff der „Städtebauprojekte": Ob darunter der
Bau von Stadtteilen, städtebaulich relevanten Projekten oder die
Anlage von Wohnsiedlungen zu verstehen ist, konnte nicht
abschließend geklärt werden. Unter Umständen sind darunter auch
Einzelbauprojekte mit besonderer städtebaulicher Relevanz zu fassen
(z.B. Kongresshallen etc.).
Prinzipiell wird die
Prüfpflicht eines Vorhabens nunmehr nach Art, Größe und Leistung
bestimmt - nicht mehr wie bisher nach Art des Zulassungsverfahrens.
Die Durchführung einer UVP ist damit u.a. von bestimmten
Schwellenwerten abhängig. In der Diskussion, inwieweit in Anlage 1
UVPG aufgeführte Schwellenwerte handhabbar und angemessen sind und
inwieweit sie helfen, konkrete Aussagen über die Erheblichkeit von
Umweltauswirkungen eines Vorhabens treffen zu können, herrschte
Uneinigkeit.
In einigen Fällen unterliegen die
Schwellenwerte auch der Maßgabe des Länderrechts, so dass sie auf
dieser Ebene noch modifiziert und an die regionalen Anforderungen
angepasst werden können.
Diskussionsbedarf ergab sich
auch bei der Frage, inwieweit die neuen Regelungen Bebauungspläne
beeinflussen, die sich bereits in der Aufstellung befinden bzw.
welche Übergangsregelungen für diese gelten. Verwiesen wurde hier
auf den 14. März 1999 als Stichtag zur Direktanwendung der
EU-Richtlinie. Als ausschlaggebend für die Prüfpflicht wurde das
Datum des Aufstellungsbeschlusses angesehen. Unklar blieben
allerdings die Konsequenzen, die eine unterlassene UVP innerhalb
dieser Übergangszeit nach sich zieht.
Bezüglich der
eventuellen Mehrarbeit von Kommunen durch die Gesetzesänderung
ergaben sowohl die Diskussion wie auch die Ergebnisse des von Frau
Specovius vorgestellten Planspiels des Difu, dass die Zahl der direkt
UVP-pflichtigen Bebauungspläne in der Praxis kaum steigen wird.
Jedoch wird für eine Reihe von Projekten eine Vorprüfung des
Einzelfalls bzw. eine spezifische Regelung nach Landesrecht
erforderlich.
Die lebhafte Diskussion zur Aufgabe und
Stellung des neu geforderten Umweltberichts für die UVP in der
Bauleitplanung reflektierte die gegenwärtige Unsicherheit bei der
Umsetzung des neuen Verfahrenselements. Obwohl im § 2a BauGB die
Mindestinhalte des Umweltberichtes festgelegt sind, stellte sich die
Frage, von wem und vor allem welche Darstellungen und Bewertungen zu
welchem Zeitpunkt in den Umweltbericht einfließen sollen. Weiterhin
wurde erörtert, wie der Umweltbericht von anderen
Verfahrensbestandteilen und Planungsinstrumenten abzugrenzen ist bzw.
diese integrieren kann. Während weitgehender Konsens darüber
bestand, dass die Zuständigkeit zur Erstellung beim Träger der
Bauleitplanung liegt, wurden unterschiedliche Positionen zum
Verhältnis von Umweltbericht und Umweltverträglichkeitsstudie
deutlich. Die unterschiedlichen Sichtweisen beruhten auf mehreren
denkbaren Integrationsmöglichkeiten des Umweltberichts bzw. einer
u.U. davon abzugrenzenden UVS in das Planerstellungsverfahren. In der
Diskussion setzte sich die Auffassung durch, dass aufbauend auf den
Darstellungen einer Umweltverträglichkeitsstudie der Umweltbericht
im Verfahren fortlaufend zu entwickeln und in den Begründungsteil
des Bebauungsplans zu integrieren ist. Nach dem jeweiligen Stand
könnte er sich zugleich als Verfahrensgrundlage z.B. für die
Öffentlichkeitsbeteiligung eignen. Der Umweltbericht dient der
Dokumentation der Umweltauswirkungen und ihrer Bewertungen und ist
Grundlage für eine Abwägungsentscheidung. Die Ergebnisse z.B. der
Eingriffsregelung, des Grünordnungsplanes bzw.
landschaftsplanerischer Fachbeiträge und ggf. einer
FFH-Verträglichkeitsprüfung sollten im Umweltbericht integriert
werden. Weiterhin umstritten blieb die Frage, wie und wann die
gutachterliche und behördliche Bewertung der UVP in das Verfahren
der Bauleitplanung einfließen sollte, um eine fundierte und
wirkungsvolle Verfahrensgrundlage bieten zu können. Offen blieb
auch, ob die Ergebnisse des Screenings oder erste Ergebnisse des
Umweltberichtes bereits in der frühzeitigen Bürgerbeteiligung
dokumentiert werden sollten.
Eine Definition und
Interpretation der Screening-Kriterien der neuen Anlage 2 UVPG
standen im Mittelpunkt der Diskussion einer zweiten Workshopgruppe.
Hier ging es neben der generellen Handhabung des Kriterienpools auch
um Fragen zu einzelnen Rechtsbegriffen wie z.B. der „Natur"
unter Nr. 1.2 oder der „hohen Bevölkerungsdichte" unter
Nr. 2.3.8 der Anlage 2 UVPG, die eine einzelfallbezogene
UVP-Pflicht auslösen können. Zudem wurde angesprochen, wie sich
allgemeine und standortbezogene Vorprüfung unterscheiden. Ergebnisse
dieser Arbeitsgruppe sollen zu einem späteren Zeitpunkt intensiver
diskutiert und in einer Ausgabe des UVP-reports vorgestellt
werden.
Auch wenn im Workshop zu einzelnen Themenbereichen
teilweise noch keine abschließenden Antworten gegeben werden
konnten, so wurde über eine intensive Diskussion über die mögliche
Anwendung in der Praxis dennoch ein erster, nicht zu
unterschätzender Erfahrungsaustausch erzielt.